Dass Mark und ich mal ein Schlagzeugduo bilden würden, war lange Zeit überhaupt nicht abzusehen. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür war nämlich nicht erfüllt: Ich war keine Schlagzeugerin.
Meine Schlagzeugerinnen-Karriere startete sehr spät. Zu spät. Jedenfalls zu spät, um eine Karriere als Solistin oder als Orchestermusikerin anzustreben. Trotzdem habe ich mich in das Studium des klassischen Schlagzeuges gestürzt. Ohne richtig zu wissen, was das bedeutet und wohin das überhaupt führen soll. Trotzdem war das die beste Entscheidung meines Lebens. Hach ja, man kann es ruhig so pathetisch sagen: mit dem Schlagzeug ist jede Menge Liebe in mein Leben gekommen.
Eine zufällige Begegnung krempelt meine Karriere um
Diese kitschige Liebesgeschichte beginnt an einem stinknormalen Mittwoch im miefigen Schlagzeugraum der Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg. Nach einem Improvisationsseminar half ich einem Kommilitonen sein Drumset dorthin zurückzubringen. Ich war in den vier Jahren, in denen ich schon an der Uni Musikpädagogik studierte, noch nie in diesem Schlagzeugraum gewesen. Wozu auch – ich war schließlich Geigerin.
Seit meinem fünften Lebensjahr spielte ich Geige, als ich zwölf war, kam Klavier als Nebenfach hinzu. An der Uni gab´s dann noch zusätzlich Gesangsunterricht. Ich hatte also einen sehr musikalischen Alltag, mit vielen Stunden Einzelunterricht und Ensemblespiel. Und war damit auch sehr zufrieden.
Bis ich in diesem Schlagzeugraum ein Marimbaphon sah. Damals wusste ich nicht, dass dieses riesige Instrument so heißt. Ich war nur sehr beeindruckt von der Größe dieses schönen Instrumentes. Im Nachhinein bilde ich mir sogar ein, dass die Abendsonne sich durch die Fensterfront des Schlagzeugraumes brach und das Holz der Marimbatasten in einen rötlichen Schimmer hüllte. Aber das mag auch die verklärte Sicht auf den Beginn der Liebesbeziehung sein, die ich hier erzähle.
Aber die Verzauberung durch den Klang des Marimbas erfinde ich nicht. Als ich das erste Mal einen Ton auf dem Marimbaphon anschlug, war’s um mich geschehen. Ich fand den Klang dieses Instrumentes so unwahrscheinlich schön. Warm und tief. Es stand für mich ab diesem Moment außer Frage, dass ich dieses Instrument spielen will.
Staatsexamen und Aufnahmeprüfung – mein Doppelleben
Ich fing auch direkt damit an. Bat den Kommilitonen um den Schlagzeugraumschlüssel und blieb noch bis spät abends und probierte aus. Ich spielte Tonleitern – zum Glück ist die Marimbatastatur der Klaviertastatur gleich, ich fand mich also schnell zurecht. Ich probierte den Klang der verschiedenen Schlägel aus und spielte einige Melodien aus meinen Klavier- und Geigenbüchern. Am nächsten Morgen rief ich den Schlagzeuglehrer der Universität an und vereinbarte die erste Unterrichtsstunde.
Dem Schlagzeuglehrer kam mein Interesse sehr entgegen. Er war nämlich neu an der Uni und wollte eine Schlagzeugklasse aufbauen und freute sich über engagierte Schülerinnen. Und das war ich. Meine Faszination beschränkte sich nicht nur auf das Marimbaphon. Ich begeisterte mich für die unterschiedlichsten Schlaginstrumente, freute mich sogar darüber, im Uniorchester von meinem Platz an der ersten Geige zur Triangel zu wechseln (eine ganz neue Perspektive da hinten!). Noch besser gefiel es mir, die Pauken im Orchester zu spielen. Als ich das erste Mal ein Konzert an den Pauken mitspielen durfte, nahm ich mir fest vor, in meinem nächsten Leben Paukerin zu werden. Zu dem Zeitpunkt war mir schon bewusst, dass das in diesem Leben leider nichts mehr werden würde.
Schließlich kann man nur Berufsmusikerin werden, wenn man das Instrument seit Kindesbeinen an spielt, sämtliche Preise bei Jugend-Musiziert gewonnen und viel Erfahrung in namhaften Jugendsinfonierorchestern gesammelt hat, bevor man die Aufnahmeprüfung an einer renommierten Hochschule besteht, sich für Akademien und Praktikantenstellen qualifiziert und dadurch Einladungen zu Probespielen bekommt. Der Zug war für mich also längst abgefahren. Oder etwa doch nicht? Gab es vielleicht doch eine Möglichkeit für eine 23Jährige, Schlagzeugerin zu werden, obwohl sie ihr Instrument erst vor ein paar Monaten kennengelernt und zum Üben auch nur bedingt Zeit hatte, weil sie kurz vor der Staatsexamensprüfung stand? Ich traute mich diese Frage meinem Lehrer zu stellen. Der hielt das zwar für unwahrscheinlich, motivierte mich aber trotzdem, es einfach zu probieren.
Wobei „einfach“ für mich hieß, neben dem täglichen Lernen für´s Examen mehrere Stunden mit Trommel- Pauken- und Marimbaetüden zu verbringen und durch die Republik zu tingeln, um Hochschullehrern vorzuspielen und mir Rat einzuholen. Dabei wurde ich manchmal weggeschickt, manchmal belächelt, aber meistens motiviert und mit neuen Tipps versorgt. Ich war sehr bereit, für meine neue Liebe zu kämpfen und auch wenn es sehr anstrengend war, hat es sich tatsächlich gelohnt und ich konnte mit dem Staatsexamen in der Tasche direkt weiterstudierten.
Welkom – mein Schlagzeugstudium in Holland
Ich wurde am Konservatorium angenommen und war Studentin im Fach „Klassisches Schlagzeug“. Was nicht ganz korrekt ist, denn ich studierte in den Niederlanden und dort heißt es „Klassiek Slagwerk“. Mit dem Umzug nach Groningen hatte ich mir direkt noch einen zweiten Traum erfüllt, denn ich wollte immer schon in Holland wohnen und die lustige Sprache lernen.
Ich war also hochmotiviert, superstolz und immer noch frisch verliebt in mein neues Instrumentarium. Aber wie es Frischverliebten häufig passiert, holte uns bald der Alltag ein und wir erlitten einige große Tiefs in unserer Beziehung. Aber die haben hier in meiner romantischen Geschichte nichts verloren und müssen an anderer Stelle erzählt werden (aber sie müssen erzählt werden, da das Rosarote zwar der wesentliche, aber leider nicht größte Teil der Geschichte ist. Die großen Probleme, Verzweiflungen und Tiefpunkte und deren Überwindung haben mir große Fortschritte als Schlagzeugerin, als Musikerin und eine große persönliche Entwicklung gebracht, ohne die ich heute nicht als Musikercoach arbeiten würde. Ich werde diesen Teil der Geschichte nachreichen).
An dem retardieren Moment in meiner Liebesgeschichte, als ich das Studium schmeißen wollte, lernte ich Mark kennen. Und hier steuern wir direkt auf´s Happy End zu: wir wurden ein Paar, er unterrichtete mich sehr kompetent im Schlagzeugspielen und wir gründeten nicht nur ein Schlagzeugduo, sondern nach sehr erfolgreichem Abschluss meines Studiums und Umzug nach Berlin auch eine Familie
* ENDE *
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